Robuste Perowskit-Superkristalle: Neue Perspektiven für LED-Technologien
Forschende der Universität Tübingen haben besonders stabile Perowskit-Superkristalle entwickelt, die eine neue Generation von Leuchtdioden und anderen optoelektronischen Bauelementen ermöglichen könnten . Dafür kombinierten sie eine neuartige Zwei-Phasen-Technik mit hochpräzisen Röntgenanalysen an der Lichtquelle PETRA III des DESY und schufen robuste Nanostrukturen, die Quantenfunktion und mechanische Stabilität vereinen . Die Ergebnisse wurden im Fachmagazin ACS Nano veröffentlicht .
Perowskit-Nanokristalle und ihre Eigenschaften
Perowskit-Verbindungen, benannt nach dem russischen Mineralogen Lew Perowski, bilden eine Klasse kristalliner Halbleiter mit charakteristischer Gitterstruktur . Insbesondere Bleihalogenid-Perowskite sind leicht synthetisierbar und besitzen bemerkenswerte optoelektronische Eigenschaften – deshalb gelten Nanokristalle aus diesen Materialien als Hoffnungsträger für leistungsfähige Solarzellen, LEDs und andere optische Schaltelemente . Zugleich zeigen die Nanokristalle ausgeprägtes Quantenverhalten: Ihre optoelektronischen Eigenschaften hängen stark von ihrer Größe ab , was eine gezielte Abstimmung der Lichtabsorption und -emission erlaubt.
Unter geeigneten Bedingungen können sich viele dieser Nanokristalle zu größeren Verbänden zusammenschließen – sogenannten Superkristallen . Ein Superkristall besteht aus vielen miteinander verbundenen Nanokristallen und ähnelt einem Rubik’s Cube: mehrere kleine Würfel bilden gemeinsam einen größeren Würfel . Das Besondere dabei ist, dass die einzelnen Nanokristalle ihre wünschenswerten Quanteneigenschaften behalten, während der Gesamtkristall als makroskopische Einheit handhabbar bleibt .
Herstellung und Analyse der Superkristalle
Bislang entstanden Perowskit-Superkristalle meist durch langsames Verdunsten eines perowskithaltigen Lösungsmittels auf einem Substrat . Dabei wachsen die Kristallverbände sehr allmählich, allerdings meist an zufälligen Stellen. Zudem sind die Nanokristalle von organischen Molekülschichten umhüllt, die wie weiche Schutzmäntel wirken. Infolgedessen sind die Superkristalle insgesamt sehr weich und brechen leicht auseinander, sobald man sie mechanisch verschiebt . Dies erschwert zum Beispiel Anwendungen, bei denen eine präzise Positionierung der Kristalle entscheidend ist.
Das Tübinger Team um Ivan Zaluzhnyy wählte daher eine alternative Methode: die Zweiphasen-Diffusion . Hierbei wird eine Lösung mit Perowskit-Nanokristallen vorsichtig auf ein weiteres, nicht mischbares Lösungsmittel – in diesem Fall Acetonitril – geschichtet . Das Acetonitril wirkt als Anti-Lösungsmittel: Es dringt langsam in die Nanokristall-Lösung ein und verringert deren Löslichkeit. An der Grenzfläche beider Phasen beginnt dadurch kontrolliert das Kristallwachstum . Gleichzeitig verdrängt das Acetonitril die organischen Moleküle von den Nanokristallen und führt zu einer dichteren, stabileren Kristallstruktur .
Um die Struktur der so gewachsenen Superkristalle zu untersuchen, nutzten die Forschenden das GINIX-Instrument an der PETRA III (Beamline P10) . Der Röntgenstrahl lässt sich auf etwa 300 Nanometer fokussieren, sodass unterschiedliche Bereiche eines Superkristalls gezielt analysiert werden konnten . Die extrem hohe Qualität der gewonnenen Beugungsdaten ermöglichte es, die innere Anordnung und Wechselwirkung der Nanokristalle im Detail zu entschlüsseln .
Mechanische Eigenschaften und Stabilität
Die Ergebnisse waren beeindruckend: Die neuen Superkristalle erreichten typischerweise eine Fläche von etwa 10 × 10 Mikrometern und waren mit über 5 Mikrometern Höhe deutlich dicker als bisherige flache Strukturen . Dadurch wurden sie deutlich stabiler. In Experimenten konnten die Forscher die robusten Kristallverbände erstmals mit Mikromanipulatoren greifen und an andere Orte versetzen – ein Novum für Perowskit-Strukturen.
Messungen mit dem Rasterkraftmikroskop zeigten zudem, dass der Elastizitätsmodul dieser Superkristalle über 3 Gigapascal beträgt . Zum Vergleich: Bei konventionell hergestellten Proben lag dieser Wert nur bei etwa 0,14 GPa. Diese rund 20-fache Steigerung der Steifigkeit erklärt, warum die neuen Superkristalle ohne Zerbrechen handhabbar sind.
Zusammenfassend zeichnen sich die neuen Perowskit-Superkristalle durch folgende Kennwerte aus:
- Größe: Etwa 10 × 10 µm Fläche, > 5 µm Dicke .
- Steifigkeit: Elastizitätsmodul > 3 GPa (gegenüber ~ 0,14 GPa bei herkömmlichen Proben) .
- Handhabbarkeit: Robuste Struktur, erstmals greifbar mit Mikromanipulatoren .
Anwendungen und Ausblick
Die gezielte Handhabbarkeit dieser stabilen Superkristalle eröffnet neue Möglichkeiten in der Optoelektronik . So arbeitet die Tübinger Arbeitsgruppe bereits an elektrooptischen Schaltern, bei denen elektrische Felder die optischen Eigenschaften der Superkristalle steuern . Außerdem werden Kombinationen unterschiedlicher Perowskit-Zusammensetzungen und gestapelte Heterostrukturen angedacht, um komplexere Bauteile zu realisieren .
Die Forschung geht weiter: Die Gruppe plant Folgeexperimente an PETRA III und freut sich auf PETRA IV, die nächste Generation der Röntgenlichtquellen . PETRA IV wird extrem schmale und intensive Strahlen liefern, was Messungen noch schneller und mit höherer Auflösung ermöglichen soll. Insgesamt liefert die Studie einen wichtigen Baustein für robuste Nanomaterialien – ein Fortschritt, der die Entwicklung effizienterer LEDs und optischer Bauelemente voranbringen könnte.
Quellen: Die dargestellten Ergebnisse basieren auf der Studie von Hiller et al. in ACS Nano (2025) sowie auf aktuellen Pressemitteilungen des DESY . Weitere Details finden sich in den genannten Quellen (siehe Links unten).
Quellen:
- DESY – Robuste Superkristalle für die LED der Zukunft (28.07.2025). Link .
- Lightsources.org – Robust supercrystals for the LEDs of the future (30.07.2025). Link .
- Hiller et al., Mechanically Robust Supercrystals from Antisolvent-Induced Assembly of Perovskite Nanocrystals, ACS Nano 19 (2025) 26117–26126. DOI:10.1021/acsnano.5c07289 .
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