Funktionsprinzip von Luft‑Salz‑Batterien
Metall‑Luft‑Batterien (z.B. Zink‑, Aluminium‑ oder Natrium‑Luft) bestehen aus einem Metallanodenwerkstoff (Zn, Al, Na) und einer porösen Luftkathode, an der aus der Umgebungsluft Sauerstoff (O₂) diffundiert. Der Elektrolyt ist wässrig und enthält Salze (z.B. NaCl, ZnCl₂ oder Al-Salze) anstelle starker Laugen, daher „Salz“. Beim Entladen oxidiert das Metall an der Anode und bildet Hydroxide bzw. Oxide, während an der Kathode Sauerstoff reduziert wird (typische Reaktionen: z.B. bei Zn-Air: Zn + 4OH⁻ → Zn(OH)₄²⁻ + 2e⁻, und O₂ + 2H₂O + 4e⁻ → 4OH⁻). Dabei fließen Elektronen durch einen äußeren Stromkreis. Das Metall liefert so die Aufnahme- und Abgabeplätze für Elektronen, die Luftkathode fungiert als Sauerstoffelektrode, und das salzhaltige Elektrolyt leitet Ionen zwischen den Halbzellen. Diese Konstruktion erlaubt in der Theorie sehr hohe spezifische Energien, da der sauerstoffhaltige Gaskathode kein schweres Material beigemischt werden muss .
Technische Vorteile und Anwendungen
- Hohe Energiedichte: Metall‑Luft‑Systeme zeichnen sich durch eine extrem hohe theoretische Energiedichte aus. Beispielsweise hat eine Zink‑Luft‑Zelle eine theoretische Energiedichte von bis zu ca. 1.218 Wh/kg , und Aluminium‑Luft-Akkus liegen sogar im Bereich von etwa 8,1 kWh/kg (8.100 Wh/kg) . In realen Zink‑Luft-Knopfzellen werden bereits >400 Wh/kg erreicht . Hohe Energiedichte und spezifische Kapazität machen diese Systeme attraktiv für Anwendungen mit langen Laufzeiten und wenig Gewicht.
- Nachhaltigkeit und Kosten: Verwendete Materialien sind preiswert und reichlich vorhanden (Zink, Aluminium, Natrium) . Dies reduziert die Abhängigkeit von seltenen Rohstoffen (wie Li oder Co) und kann langfristig zu sehr günstigen Kosten (<10 USD/kWh Betriebsenergie bei Zink‑Luft ) führen. Die Elektrolyte sind wässrig und ungiftig (Salzwasser oder Salzlösungen), was Umwelt- und Sicherheitsrisiken minimiert. Metall‑Luft-Akkus sind intrinsisch nicht brennbar, da sie keine organischen Lösungsmittel enthalten.
- Sicherheit: Da Elektrolyt und Reaktionsprodukte (z.B. Zinkhydroxid, Aluminiumhydroxid) stabil und ungiftig sind, ist das Risiko von thermischen Durchgehens und gefährlichen Chemikalien gering . Insbesondere für stationäre Großspeicher oder sicherheitskritische Anwendungen sind wasserbasierte Systeme vorteilhaft.
- Anwendungen – stationäre Energiespeicher: Wegen ihrer hohen Energiedichte eignen sie sich besonders für großvolumige oder lang dauernde Energiespeicherung. Fraunhofer-Analysen schätzen, dass Zink‑Luft in den nächsten Jahren insbesondere als Pufferspeicher im stationären Bereich interessant wird, da hier hohe Energiedichte bei günstigen Materialien zählt . Auch Aluminium‑Luft-Systeme werden ab Mitte der 2020er für netzstabilisierende Anwendungen und Spitzenlastkompensation ins Auge gefasst . Durch den Einsatz reichlich vorhandener Rohstoffe können diese Technologien die Abhängigkeit von kritischen Metallen vermindern und erneuerbare Energien kostengünstig puffern .
- Leistungsdichte: Zwar sind Metall‑Luft-Batterien primär für Energiespeicherung (hohe Energiedichte), doch moderne Designs (z.B. flüssige Flussbatterie-Varianten) können nennenswerte Leistungsdichten erreichen. Beispielsweise erzielte ein akustischer Aluminium‑Luft-Flow-Prototyp eine Spitzenleistungsdichte von rund 44 mW/cm² bei optimiertem Aufbau . Dies spricht dafür, dass mit innovativen Zellkonzepten und aktiver Elektrolytzirkulation auch höhere C‑Raten möglich sind.
Zentrale Herausforderungen
- Zink‑Anode – Korrosion und Dendriten: In alkalischen (oder auch neutralen) wässrigen Elektrolyten neigt Zink zur Selbstauflösung durch Wasserreduktion (Zn + 2H₂O → Zn(OH)₂ + H₂). Dieser parasitäre Prozess (Wasserstoffentwicklung, HER) führt zu Materialverlust und Kapazitätsverlust. Durch ungleichmäßige Abscheidung (Zinkate) können Dendriten entstehen, die Kurzschlüsse verursachen können. Solche Korrosions- und Dendritenprobleme reduzieren die Lebensdauer erheblich . Auch die Bildung von passivem Zinkoxid/hydroxid auf der Anode bremst die Reaktionskinetik.
- Aluminium‑Anode – Passivierung und Korrosion: Aluminium korrodiert sehr heftig in Kontakt mit Wasser und bildet sofort eine Oxidschicht (Al₂O₃), die die Reaktion blockiert. Zwar kann man durch Legierungszusätze oder Elektrolytzusätze die Korrosion verlangsamen, doch bleibt die Nutzbarkeit der Al-Anode eingeschränkt. In ungünstigen Elektrolyten kann sogar während des Lagerns Wasserstoff freigesetzt werden. Zudem ist das Wiederaufladen von Aluminium primär nicht praktisch möglich – obwohl Forschungsansätze existieren, ist Al-Air bislang eine Einwegbatterie .
- Natrium‑Anode – komplexe Reaktionsprodukte: Bei Natrium‐Luft-Systemen (analog zu Li-Luft) entstehen während Entladung meist verschiedene Natriumoxyde und Peroxide (NaO₂, Na₂O₂) sowie Karbonate (Na₂CO₃∙xH₂O) durch Nebenreaktionen mit Elektrolyt oder CO₂. Diese mehrstufigen Produkte erschweren eine vollständige Rückreaktion (Ladeprozess), führen zu hohen Überspannungen und geringer Zyklusstabilität . Nur spezielle Katalysatoren (siehe unten) können diese Phasen teilweise „kaskadieren” und die Effizienz verbessern.
- Elektrolyt: Salzhaltige wässrige Elektrolyte haben generell niedrigere Ionenleitfähigkeiten als starke Laugen, was Leistungsverluste bedeuten kann. Auch kann sich die Salzkonzentration durch Wasserverlust oder Verdünnung ändern. In manchen Fällen fällt Salz aus oder verstopft Poren. Darüber hinaus untersuchen Forscher Gel- oder Polymerelektrolyte, um diese Effekte zu mildern, wobei Langzeitstabilität und Kosten zu beachten sind.
- Katalysatoren/Kathode: An der Luftseite erfolgt die Sauerstoffreduktion (ORR) beim Entladen und die Sauerstoffentwicklung (OER) beim Laden. Diese Reaktionen sind langsam und erfordern meist Edelmetall- oder Transition-Metall-Oxid-Katalysatoren. Aktive und langlebige bifunktionale Katalysatoren (für ORR und OER) sind teuer und schwer zu entwickeln. Ohne gute Katalysatoren sind die Ladeverlustleistung hoch und die Zyklenfestigkeit gering. Außerdem korrodieren karbonbasierte Luftelectroden durch aggressive Hydroxide. Diese Katalysatorproblematik ist ein Grund, warum selbst etablierte Katalysatoren (Pt/C, Ru/IrO₂) für Dauerbetrieb suboptimal sind .
Stand der Forschung (seit 2022)
- Zink-Luft: Verbesserte Elektrolyte: In den letzten Jahren wird intensiv an neuartigen Elektrolyten geforscht. Sehr hochkonzentrierte „Wasser-in-Salz”‑Mischungen (z.B. ZnCl₂ mit Li-salzen) führen zu fast dendritfreiem Zinkplattieren und nahezu 100 % Coulomb-Effizienz . Einige Gruppen schlagen Dual‑Chamber-Konzepte vor, bei denen das Zink‑Plattieren in einem stark konzentrierten Salz-Elektrolyt stattfindet und Sauerstoffentwicklung in einem separaten, verdünnten Elektrolyten . In Pilotstudien zeigt dies deutlich höhere Ladeströme und Zyklenfestigkeit. Zudem werden Zink-Luft-Flusszellen weiterentwickelt, bei denen das Zinkoxid kontinuierlich ausgewaschen wird.
- Aluminium-Luft: Innovations bei Zellaufbau: Ein Beispiel aktueller Fortschritte ist die Anwendung von Ultraschall, um den Elektrolytstrom ohne mechanische Pumpe zu bewegen . Huang et al. (2022) zeigten, dass ein „akustofluidischer” Al‑Air-Flow-Akku mit 3 M NaCl-Elektrolyt bis zu 7,5 fach höhere Spitzenleistung liefert als ein statischer Elektrolyt. Solche Ansätze verbessern die Leistung und senken den Energieaufwand der Zirkulation . Parallel untersucht man gelartige und polymerelektrolyte (z.B. Xanthan-Gele), um Korrosion zu bremsen und die Handhabung zu erleichtern. Neue Katalysatoren für die Luftkathode (z.B. metallfreie Kohlenstoffe oder Übergangsmetall-Nanopartikel) werden eingesetzt, um die Kosten zu senken.
- Natrium-Luft: Katalysatorentwicklung: Forscher arbeiten an neuartigen Katalysator-Konzepten, um die schwierigen Oxid-Zwischenstufen umzusetzen. Ein aktueller Ansatz ist das Cascade Electrocatalysis: So verwendete Sun et al. (2025) einen Na- und Li enthaltenden Übergangsmetalloxid-Katalysator, der bei unterschiedlichen Spannungen aktiviert wird und so schrittweise NaO₂ in Na₂O₂ und andere Produkte überführt. Mit diesem Prinzip erreichte man eine Zyklenfestigkeit von über 1000 Ladezyklen bei ~99 % Effizienz . Solche „multiphasen-fähigen” Katalysatoren könnten den Weg zu tatsächlich wiederaufladbaren Na‑Luft-Systemen ebnen. Parallel wird an Festelektrolyten (z.B. NASICON‑Typ) geforscht, um Na-Metallelektroden in trockener Umgebung betreiben zu können.
- Materialien und Designs: Daneben werden neue Elektrodenstrukturen untersucht – etwa nanoporöse oder beschichtete Zinkanoden, die Korrosion hemmen, sowie 3D-poröse Kathoden für bessere Sauerstoffdiffusion . In Schaltdesigns experimentiert man mit mechanisch regenerierbaren Elektroden (z.B. austauschbare Metallplatten) und Hybrid-Systemen. Fortschritte in der In-situ-Charakterisierung helfen, die Reaktionen in Realzeit zu verstehen und gezielt zu optimieren (Drift in Elektrolyten, Passivierungsschichten etc.).
Ausblick
In Zukunft könnten Luft‑Salz‑Batterien eine wichtige Rolle bei großen Energiespeichern spielen, sofern die aktuellen Limitierungen gelöst werden. Beispielsweise schreibt die Fraunhofer-Roadmap, dass Aluminium‑Luft ab 2025 für stark zyklische Netz-Dienste nutzbar sein könnte . Zink‑Luft dagegen könnte bald als kostengünstiger Langzeitspeicher für stationäre Anwendungen eingeführt werden. Um dies zu erreichen, zielen künftige Entwicklungen auf neue Katalysatoren (z.B. Erdmetall-Verbundoxide oder perkolierte Kohlenstoffe) und schutzbeschichtete Anodenmaterialien ab, die Korrosion minimieren. Auch wird an „Flusszellen-Konzepten” weitergearbeitet, bei denen Elektrolytauswaschungen und Materialtausch das Recycling verbessern. Fortschritte in der Elektrokatalyse (z.B. multiphasige Katalysatoren bei Na-Air ) und bei optimierten Elektrolyten (konzentrierte und gelartige Systeme) könnten die Ladeeffizienz wesentlich steigern.
Insgesamt bieten Luft‑Salz-Batterien durch ihre hohen theoretischen Energiedichten und nachhaltigen Rohstoffe großes Zukunftspotenzial, insbesondere für großskalige stationäre Speicher und Spezialanwendungen. Die Forschung seit 2022 zeigt bereits, wie innovative Zellaufbauten (z.B. Ultraschall‑Flusszellen , Dual-Elektrolyt-Konzepte) Leistungsgrenzen verschieben. Sollten es gelingen, Korrosions- und Passivierungsprobleme effizient zu lösen, könnte sich diese Technologie in den kommenden Jahren als „grüne” Ergänzung zu Lithium-Ionen etablieren .
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