Einführung in die QuNET-Initiative
Die QuNET-Initiative
wurde im Herbst 2019 ins Leben gerufen, um abhörsichere Kommunikationsnetze auf
Basis von Quantentechnologie zu erforschen und aufzubauen. Sie ist eine vom
Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) finanzierte Großinitiative
mit einem Fördervolumen von insgesamt rund 125 Millionen Euro (geplant bis
2026)[1][2].
Beteiligt sind federführend renommierte Forschungseinrichtungen wie die
Fraunhofer-Gesellschaft (insbesondere die Institute IOF in Jena und HHI
in Berlin), die Max-Planck-Gesellschaft (Max-Planck-Institut für die Physik des
Lichts in Erlangen), das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
sowie die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU)[2].
Gemeinsam sollen sie ein Pilotnetz für Quantenkommunikation in Deutschland
aufbauen, das eine abhör- und manipulationssichere Datenübertragung ermöglicht[3]. Dieses
Vorhaben dient zugleich der digitalen Souveränität Deutschlands, indem
es die Sicherheit kritischer Kommunikationsinfrastrukturen stärkt[3].
Politisch eingebettet ist QuNET in die Strategie Deutschlands und
Europas, frühzeitig auf die Herausforderungen des Quantenzeitalters zu
reagieren. Zur Auftaktveranstaltung im November 2019 betonte die damalige
Bundesforschungsministerin Anja Karliczek die zentrale Bedeutung sicherer
Kommunikationssysteme: „Im digitalen Zeitalter sind Wirtschaft und
Gesellschaft auf sichere Kommunikation angewiesen. […] Die Quantenkommunikation
bietet dafür einzigartige Möglichkeiten. Deutschland und Europa müssen in
diesem Bereich eigene Kompetenzen ausbauen, um nicht von anderen abhängig zu
werden. […] Mit der Initiative QuNET legen deutsche Spitzenforschung und
Unternehmen gemeinsam den Grundstein für die sichere Kommunikation der Zukunft“[4][5]. QuNET
richtet sich zunächst auf die sichere Kommunikation zwischen
Regierungsbehörden, soll aber darüber hinaus als Plattform für den Aufbau einer
nationalen Quantenkommunikationsinfrastruktur dienen und perspektivisch den Weg
zu einem europäischen Quantennetz ebnen[6]. Damit
leistet QuNET einen wichtigen Beitrag zur Cybersicherheit und zur Vision
eines „vertrauenswürdigsten Datenraums der Welt“ in Europa[7].
Technologische
Grundlagen: Quantenkommunikation und -kryptographie
QuNET
basiert auf den Prinzipien der Quantenkommunikation, insbesondere der Quantenkryptographie.
Anders als klassische Verschlüsselung, die auf mathematischen Problemen beruht
und mit künftigen Hochleistungsrechnern (Quantencomputern) angreifbar werden
könnte[8][9],
nutzt die Quantenkryptographie physikalische Gesetzmäßigkeiten für absolute
Sicherheit[10][11].
Das bekannteste Verfahren ist die Quanten-Schlüsselverteilung (QKD,
Quantum Key Distribution). Dabei werden geheime kryptographische
Schlüssel mithilfe einzelner Lichtteilchen (Photonen) übertragen. Das Besondere
daran: Jeder Abhörversuch verändert aufgrund der Quantenphysik sofort den
Zustand dieser Teilchen und wird dadurch unweigerlich bemerkt[11][12].
Vereinfacht ausgedrückt kann ein Quantensignal nicht abgehört oder kopiert
werden, ohne Spuren zu hinterlassen. Sender und Empfänger erkennen eine
Manipulation beim Austausch der Photonen und können so sicherstellen, dass nur
sie beide schließlich über identische, geheime Schlüssel verfügen[12].
Mit diesen Schlüsseln lassen sich Nachrichten anschließend abhörsicher
verschlüsseln – ein Prinzip, das selbst durch zukünftige Quantencomputer nicht
geknackt werden kann[13].
Die Physik garantiert hier also die Vertraulichkeit, nicht mehr allein die
Schwierigkeit mathematischer Probleme.
Grundlagen der Quantenphysik wie Superposition und Verschränkung
spielen dabei eine wichtige Rolle[14]. Verschränkung
bedeutet, dass zwei Teilchen (z. B. zwei Photonen) einen gemeinsamen
quantenphysikalischen Zustand teilen – eine Änderung an dem einen Partikel
wirkt sich instantan auf das andere aus, selbst über große Entfernungen[15].
Dieses Phänomen kann für die Quantenkommunikation genutzt werden, um z. B.
entfernungsunabhängige Korrelationen zu erzeugen. So kommen in manchen
QKD-Protokollen verschränkte Photonenpaare zum Einsatz, bei denen Sender und
Empfänger jeweils eines der beiden verschränkten Teilchen erhalten. Die
Messergebnisse dieser Paare sind zufällig, aber perfekt korreliert – daraus
lassen sich ebenfalls sichere Schlüssel ableiten. Wichtig ist: Sobald ein
drittes Partikel (ein Lauschangreifer) versucht, ein verschränktes Photon
auszulesen, gehen die besonderen Korrelationen verloren und der Abhörversuch
wird offenbar.
Als Informationsträger dienen in der Quantenkommunikation
typischerweise Photonen, die entweder durch Glasfaserkabel oder frei durch die
Luft (Freistrahl, z. B. Laserlink) geschickt werden. Beide Übertragungswege
haben Vor- und Nachteile. In optischen Glasfasern werden Photonen
zuverlässig geführt, jedoch treten Dämpfungsverluste auf, die die Reichweite
ohne Zwischenstation begrenzen (derzeit auf einige hundert Kilometer)[16]. Freistrahlverbindungen
– etwa zwischen Satelliten und Bodenstationen oder zwischen zwei Stationen mit
Sichtverbindung – können sehr große Distanzen überbrücken, da im Vakuum des
Weltraums kaum Verluste auftreten. So lassen sich theoretisch interkontinentale
Quantenverbindungen realisieren, wie beispielsweise mit dem chinesischen
Quantenkommunikationssatelliten „Micius“ demonstriert wurde[17].
Allerdings sind Freilinks wetterabhängig und erfordern präzises Tracking der
Stationen. Eine Herausforderung der aktuellen Forschung sind daher Quanten-Repeater
und hybride Netzwerke, um die Vorteile beider Welten zu kombinieren. Künftige
Quantennetzwerke könnten Satelliten, Flugzeuge oder andere mobile
Plattformen als Knoten nutzen, um über große Entfernungen hinweg
Quantenschlüssel auszutauschen[16].
Erste Schritte dahin unternimmt QuNET bereits, indem es sowohl in
Glasfaser-basiertes QKD als auch in Freistrahl-Technologien investiert.
Aktueller Stand von
Forschung und Umsetzung (Oktober 2025)
Seit
dem Start der Initiative wurden in QuNET wichtige Meilensteine erreicht.
In mehreren groß angelegten Schlüsselexperimenten konnten die
beteiligten Partner ihre Technologien erfolgreich demonstrieren:
·
Abhörsichere
Videokonferenz 2021: Bereits im August 2021 gelang den
QuNET-Forschern die erste quantengesicherte Videoverbindung zwischen zwei
Bundesbehörden[18].
Über eine direkte QKD-Glasfaserstrecke wurden das Bundesministerium für Bildung
und Forschung (BMBF) in Berlin und das Bundesamt für Sicherheit in der
Informationstechnik (BSI) in Bonn verbunden. Diese Punkt-zu-Punkt-Demonstration
zeigte, dass Quantenverschlüsselung in realen Behördennetzen prinzipiell
funktioniert – ein entscheidender Vertrauensbeweis gegenüber der neuen
Technologie.
Bild:
Quantenkommunikations-Teststrecke am Fraunhofer IOF in Jena (2019–2023). Ein
mobiler QuBUS-Container (Empfangsstation, rechts)
und eine Senderstation auf dem Dach der Stadtwerke Jena (außerhalb des Bildes)
sind durch einen Laser-Freistrahllink (blaue Linie) verbunden. Vom QuBUS aus
wird das Signal in eine Glasfaser (rote Linie) eingespeist und zum Quantenlabor
weitergeleitet. Solche hybriden Verbindungen aus Freiraum- und
Glasfaserstrecken ermöglichen es, Lücken im Glasfasernetz – etwa über
Gelände-Hindernisse – zu überbrücken[19][20].
- Hybrid-Netz in Jena 2023: Im Juni 2023
erzielte QuNET einen Durchbruch bei der Kombination verschiedener
Übertragungswege. In Jena wurde erfolgreich ein Quantenschlüsselaustausch
über eine rund 2 Kilometer lange Teststrecke realisiert, die einen
Freistrahl-Link und ein Glasfasersegment hybrid verband[21][22]. Trotz hellem Tageslicht konnten stabile Schlüssel mit einer Rate
im Kilobit-pro-Sekunde-Bereich generiert werden[23] – ein bemerkenswerter Erfolg, da Sonnenlicht normalerweise
quantenoptische Signale stört. Möglich wurde dies durch spezielle Filter
und Technologien, die das Quantenlink robust gegen Umwelteinflüsse machen[24]. Zum Einsatz kamen mobile Quantenkommunikations-Container namens QuBUS,
die als flexible Sender- und Empfängerstationen dienen. Dieses
Schlüsselexperiment zeigte, dass ad-hoc Quantenverbindungen in
urbaner Umgebung machbar sind und dass man durch clevere Kopplung von
Freistrecken und Glasfaser Reichweitenlücken schließen kann[20]. Perspektivisch ließen sich solche mobilen Stationen z. B. bei
Veranstaltungen oder in Regionen mit lückenhafter Infrastruktur einsetzen,
um kurzfristig abhörsichere Kommunikationskanäle bereitzustellen[25].
- Quanten-Testnetz Berlin 2024: Im Jahr 2024
verlagerte QuNET den Fokus auf Mehrnutzer-Netzwerke. In der
Metropolregion Berlin wurde ein städtisches Quantennetz mit sechs
Knotenpunkten aufgebaut, um den aktuellen Entwicklungsstand unter
realen Bedingungen zu erproben[26][27]. Beteiligt waren neben den Forschungspartnern auch
institutionelle Anwender: So wurden Standorte der Fraunhofer HHI
(Berlin-Charlottenburg), der Bundesdruckerei GmbH und der Deutschen
Telekom AG mit quantenkryptographischen Links verbunden[28][27]. Das Testnetz umfasste insgesamt über 125 km Glasfaserstrecke
sowie zusätzliche Freiluft-Laserstrecken zwischen Gebäuden[27]. In diesem heterogenen Netz kamen parallel verschiedene in QuNET
entwickelte QKD-Systeme zum Einsatz, die interoperabel zusammenspielen[27]. Erstmals wurde damit demonstriert, wie sich mehrere
Nutzer*innen in einem Stadtnetz quantengesichert vernetzen lassen –
über reine Punkt-zu-Punkt-Verbindungen hinaus[26]. Über das Berliner Netz wurden vertrauliche Daten zwischen
mehreren Einrichtungen ausgetauscht und live durch Quantenmethoden
geschützt[29]. Das Experiment adressierte auch praktische Herausforderungen wie
optisches Routing und Switching von Quantenschlüsseln im
Netzbetrieb[30]. Die Erkenntnisse aus Berlin gelten als wichtiger Schritt hin zu
komplexen Quanten-Kommunikationsnetzen mit vielen Teilnehmern (z. B. in
Regierungs- oder Unternehmensnetzen).
Bild:
Forschungsflugzeug Dornier 228 des DLR, ausgerüstet mit einem optischen
Kommunikationsterminal für Quantenkommunikation (Versuchsaufbau QuNET 2025).
Solche mobilen Plattformen dienen als fliegende Knotenpunkte in einem
Quantennetz und ermöglichen den Schlüsselaustausch über große Distanzen. Im
Rumpf der Maschine befindet sich eine von Fraunhofer IOF entwickelte
Photonenquelle, die verschränkte Lichtteilchen aussendet. Am Boden nimmt der
mobile QuBUS-Container (optische Bodenstation) die Photonen präzise erfasst
entgegen[31][32].
·
Quantenkanäle
per Flugzeug 2025: Im Oktober 2025 erreichte QuNET
einen weiteren Meilenstein auf dem Weg zur globalen Quantenkommunikation. In
einem spektakulären Flugexperiment zwischen Oberpfaffenhofen (Bayern)
und Erlangen wurde ein Quantenschlüssel erstmals von einem Flugzeug zu einer
Bodenstation übertragen[33][31].
Das DLR-Forschungsflugzeug (eine Dornier 228) fungierte als mobiler Knoten
in einem Quantennetz und war mit einem speziell angepassten optischen Terminal
ausgestattet[31].
Während des Flugs sendete es einzelne Photonen zielgerichtet an den am Boden
positionierten QuBUS-Empfänger, wo diese erfolgreich detektiert und
weiterverarbeitet wurden[34].
Die Forscher maßen verschiedene Quantenkanäle zwischen Flugzeug und
Boden, testeten Technologien zur QKD und schickten die empfangenen Photonen
sogar in eine Ionenfallen-Experiment am MPL in Erlangen[35][36].
Damit wurde nicht nur die Machbarkeit einer stabilen Freiraum-QKD bei einem
bewegten Sender demonstriert, sondern auch gezeigt, dass man solche fliegenden
Verbindungen perspektivisch zur Koppelung von Quantenspeichern oder Quantencomputern
nutzen könnte[37].
Die im Flug erzielten Ergebnisse gelten als wegweisend für zukünftige
Anwendungen – insbesondere für ein angestrebtes Quanteninternet, in dem
verteilt stehende Quantencomputer über große Distanz verbunden werden[38].
Florian Moll vom DLR erklärt die Bedeutung dieser Technologie: In Glasfasern
sei direkte Quantenkommunikation physikalisch nur über einige Hundert Kilometer
möglich, „die Quantenverschlüsselung via Satellit hingegen ermöglicht
beliebig größere Distanzen auf der Erde“[16].
Langfristig sollen daher Satelliten ebenso wie Flugzeuge integrale
Bestandteile eines weltumspannenden Quantennetzes werden[39] –
QuNET liefert hierfür das nötige Know-how in Form praxistauglicher Lösungen.
Zusammenfassend
hat QuNET innerhalb weniger Jahre eine Entwicklung vom
Einzelstrecken-Demonstrator hin zu immer komplexeren Netzszenarien vollzogen.
Die bisherigen Pilotprojekte – vom abhörsicheren Behörden-Link über
städtische Testnetze bis zur luftgestützten Übertragung – belegen die
Machbarkeit der Quantentechnologie unter realistischen Bedingungen. Begleitet
wurden diese Demonstrationen von wissenschaftlichen Veröffentlichungen und
einem intensiven Kompetenzaufbau bei allen Partnern. QuNET ist in Phasen
organisiert (z. B. QuNET-alpha für die erste Phase[40]),
und parallel wurden sogenannte QuNET+-Ergänzungsprojekte gestartet, um
spezifische Fragestellungen (etwa Standardisierung, Schlüsselmanagement,
Integration von Machine Learning etc.) zu bearbeiten. Die Fortschritte werden
regelmäßig auf Fachkonferenzen und in Gremien präsentiert. Stand Oktober 2025
befindet sich QuNET auf Kurs, die gesetzten Ziele bis zum geplanten Ende 2026
zu erreichen – nämlich ein funktionierendes quantengesichertes Netzwerk zwischen
staatlichen Stellen aufzubauen und die technische Grundlage für
darüberhinausgehende Anwendungen zu legen.
Bedeutung für
Deutschland und Europa
Die
QuNET-Initiative hat für Deutschland und Europa eine hohe strategische
Bedeutung. Zum einen geht es um die technologische Souveränität: In
einem Feld, das global von rasanten Fortschritten geprägt ist, wollen
Deutschland und die EU eigene Kompetenzen und Schlüsseltechnologien entwickeln,
um nicht von ausländischen Anbietern abhängig zu sein[5]. QuNET
vereint dazu die führenden deutschen Forschungsinstitutionen im Bereich
Quantenkommunikation und fördert gezielt den Transfer der Erkenntnisse in die
Industrie. So sind von Beginn an Industriepartner an Bord – etwa aus der
Telekommunikation (Deutsche Telekom, ADVA Optical Networking) oder der
Satellitentechnik (Tesat-Spacecom)[41]. Diese
enge Verzahnung von Wissenschaft, Wirtschaft und staatlichen Bedarfsträgern
soll gewährleisten, dass Deutschland eine Vorreiterrolle in der
praktischen Umsetzung quantensicherer Kommunikationsnetze einnimmt[42].
Fraunhofer-Präsident Reimund Neugebauer unterstrich bei der QuNET-Ankündigung,
dass so die „Technologieführerschaft Deutschlands in diesem strategisch
wichtigen Bereich ausgebaut“ werden könne[43].
Langfristig strebt man an, sämtliche kritische Komponenten – von
Single-Photon-Quellen über Detektoren bis zu Netzwerkgeräten – in Deutschland
bzw. Europa produzieren zu können[44].
Dadurch sollen vertrauenswürdige, inländische Lieferketten für
Quantenkommunikationssysteme entstehen, was gerade für sicherheitskritische
Anwendungen essentiell ist.
Zum anderen adressiert QuNET ein Kernanliegen der EU: die Cybersicherheit
und den Schutz sensibler Daten im digitalen Binnenmarkt. Auf europäischer Ebene
läuft parallel die Initiative EuroQCI (European Quantum Communication
Infrastructure), die den Aufbau eines gesamteuropäischen Quantennetzes
vorantreibt – bestehend aus einem Satelliten-System und länderübergreifend
vernetzten Glasfaser-QKD-Strecken[45].
Deutschland mit QuNET ist ein wichtiger Pfeiler in diesem Vorhaben. In den
nächsten Jahren soll ein quantensicherer „EU-Datenraum“ entstehen, der
grenzüberschreitende sichere Kommunikation zwischen Behörden, kritischen
Infrastrukturen und möglicherweise auch Unternehmen ermöglicht[46]. Die
in QuNET gewonnenen Erfahrungen fließen in diese europäischen Projekte ein,
sodass die Lösungen kompatibel und europaweit skalierbar sind (Stichwort
Standardisierung, z. B. Abstimmung mit dem Bundesamt für Sicherheit in der
Informationstechnik)[47]. Im
globalen Kontext steht Europa dabei im Wettbewerb mit anderen Vorreitern: China
hat mit Micius 2016 den ersten Quantenkommunikationssatelliten gestartet
und bereits 2017 eine interkontinentale quantenverschlüsselte Videokonferenz
(zwischen Peking und Wien) durchgeführt[17]. Auch
die USA investieren in Quantenforschung und Post-Quanten-Kryptographie. Vor
diesem Hintergrund ist QuNET für Deutschland und Europa ein Signal: Man
ist entschlossen, beim Wettlauf um die Quanten-Technologien nicht ins
Hintertreffen zu geraten. Vielmehr soll durch QuNET und ähnliche Programme die
Fähigkeit gestärkt werden, eigene sichere Kommunikationsinfrastrukturen
aufzubauen – als Grundlage für digitale Souveränität in einer Zukunft mit
Quantencomputern.
Potenzielle
Anwendungen und gesellschaftliche Relevanz
QuNET
fokussiert auf Anwendungen, die ein höchstes Schutzniveau erfordern. Ein
vorrangiges Einsatzfeld ist die Kommunikation zwischen staatlichen Stellen:
Behörden, Ministerien oder auch die Bundeswehr müssen in der Lage sein, geheime
Informationen auszutauschen, ohne Abhörrisiko. Quantenkryptographie bietet hier
perspektivisch abhörsichere Leitungen für Telefonie, Videokonferenzen oder den
Dokumentenaustausch[48].
Bereits heute werden erste Pilotstrecken zwischen Bundesbehörden getestet (wie
die erwähnte BMBF–BSI Verbindung). In Zukunft könnten sämtliche Regierungsnetze
– etwa das Bundesnetz – durch QKD-Technik zusätzlich gesichert werden. Auch auf
Ebene der Länder und Kommunen ließen sich besonders schützenswerte
Verbindungen (z. B. in der Justiz oder Polizei) quantum-safe gestalten.
Ein weiteres Anwendungsfeld ist der Finanzsektor und die Wirtschaft.
Banken, Versicherungen und Großunternehmen verfügen über Rechenzentren und
Kommunikationsleitungen, deren Kompromittierung gravierende Folgen hätte.
Denkbar ist beispielsweise, zwei Rechenzentren über eine QKD-Strecke zu
koppeln, sodass Überweisungsdaten oder Kundendaten selbst im Angriffsfall
vertraulich bleiben[49].
Auch Industriegeheimnisse ließen sich so bei
Standort-zu-Standort-Verbindungen schützen. In hochvernetzten Branchen
(Automobil, Chemie, Tech) könnte Quantenkommunikation helfen, Spionageangriffe
abzuwehren, da jeder Abhörversuch sofort detektiert würde. Ebenso sind kritische
Infrastrukturen ein zentrales Einsatzgebiet: Betreiber von Strom- und
Energienetzen, Verkehrsleitsystemen, Telekommunikationsnetzen und ähnlichem
könnten ihre Steuer- und Kontrollkommunikation mit QKD absichern[50].
Gerade in Zeiten zunehmender Cyberattacken auf Versorgungsnetze würde dies die
Resilienz erhöhen.
Im Gesundheitswesen verspricht Quantenkommunikation verbesserten
Datenschutz. So könnten Krankenhäuser, Arztpraxen und Behörden Gesundheitsdaten
oder Genom-Informationen per QKD austauschen, ohne dass Unbefugte mitlesen
können[51].
Elektronische Patientenakten, die zwischen Kliniken und Cloud-Servern
übertragen werden, wären durch Quantenschlüssel vor nachträglichem
Entschlüsseln geschützt. Auch in der öffentlichen Verwaltung denkbar:
Bürgerdaten (Meldewesen, Steuer, Justiz) könnten zwischen Standorten nur noch
über quantengesicherte Kanäle transferiert werden, um Leaks oder Manipulation
auszuschließen. Insgesamt würden so die Grundrechte auf Datenschutz und
Vertraulichkeit in der digitalen Kommunikation erheblich gestärkt.
Eine wichtige Motivation ist zudem der Schutz vor dem Szenario „Store-Now-Decrypt-Later“:
Schon heute speichern Angreifer verschlüsselte Informationen mit dem Plan, sie
in Zukunft – etwa mit einem Quantencomputer – zu entschlüsseln[51].
Besonders Daten, die über lange Zeit geheim bleiben müssen (etwa
personenbezogene Daten im Gesundheitsbereich oder Staatsgeheimnisse), sind
dadurch in Gefahr[51].
Quantenkryptographie bietet hier einen Ausweg. Wenn kritische Informationen bereits
heute quantengesichert übertragen werden, können abgefangene Kommunikationsinhalte
später nicht mehr entschlüsselt werden – selbst dann nicht, wenn der Angreifer
über deutlich leistungsfähigere Rechner verfügt. QuNET trägt damit zur Zukunftssicherheit
unserer Kommunikation bei: Daten, die jetzt mit QKD geschützt werden, bleiben
vertraulich, egal welche Entschlüsselungstechnologien morgen auftauchen[8].
Über die reinen Sicherheitsanwendungen hinaus eröffnet die in QuNET
entwickelte Technologie auch neue Innovationspotenziale. Ein ausgebautes
Quanten-Kommunikationsnetz könnte als Rückgrat eines „Quanteninternets“
dienen[38].
Darauf ließen sich weitere Dienste aufsetzen, etwa die Vernetzung von
Quantencomputern untereinander, um überregionale Quantenrechennetze zu
bilden. Erste Experimente in QuNET haben gezeigt, dass die Kopplung von
Quantenprozessoren über freie Laserstrecken grundsätzlich möglich ist[37].
Ferner könnten ultra-genaue Atomuhren via Quantenlinks synchronisiert
und Zeitstandards verteilt werden (für Navigation oder Forschung relevant).
Auch Quantensensoren an verschiedenen Orten ließen sich so verbinden, um
gemeinsame Messungen durchzuführen. Diese Perspektiven liegen zwar noch einige
Jahre in der Zukunft, doch QuNET schafft bereits jetzt die Grundlage dafür.
Nicht zuletzt hat die QuNET-Initiative eine gesellschaftliche
Signalwirkung. Sie demonstriert, dass Deutschland gewillt ist, neuen
Bedrohungen in der digitalen Welt mit High-Tech-Lösungen zu begegnen. Gelingt
es, Quantenverschlüsselung zur Marktreife zu führen, könnte dies das Vertrauen
von Bürgern und Unternehmen in digitale Infrastrukturen stärken. Sichere
Kommunikation ist ein Enabler für die Digitalisierung: Wenn sensible
Transaktionen (etwa im E-Government, E-Health oder Online-Banking) als wirklich
abhörsicher gelten, steigt die Akzeptanz und Nutzung solcher Dienste.
Langfristig könnte Quantenkommunikation so zum Grundpfeiler einer sicheren
digitalen Gesellschaft werden – analog zu SSL/TLS im heutigen Internet,
aber eben gegen die Angriffe von morgen gewappnet. Insofern reicht die
gesellschaftliche Relevanz von QuNET weit über die Technik-Community hinaus: Es
geht um nichts Geringeres als die Vertraulichkeit und Integrität
unserer digitalen Lebensadern in der Zukunft. QuNET hat den Auftrag, hierfür
Lösungen zu entwickeln – und die bisherigen Ergebnisse zeigen, dass dieses
ambitionierte Ziel erreichbar ist[8].
Fazit: Die QuNET-Initiative steht exemplarisch
für den Aufbruch in eine neue Ära der Kommunikation. Sie verbindet
Spitzenforschung mit konkreten Pilotanwendungen, um Deutschlands und Europas
digitale Infrastruktur quantensicher zu machen. Von der politischen Unterstützung
über die technischen Durchbrüche bis hin zu möglichen Alltagsanwendungen spannt
sich ein Bogen, der zeigt: Die sichere Kommunikation der Zukunft beginnt heute.
QuNET legt den Grundstein dafür, dass vertrauliche Daten auch im kommenden
Zeitalter der Quantencomputer geschützt bleiben – in Deutschland, in Europa und
darüber hinaus.
Quellen: Offizielle Webseiten und
Pressemitteilungen der QuNET-Initiative, Fraunhofer IOF/HHI, DLR und
Max-Planck-Gesellschaft; sowie Beiträge aus Fachmedien (Tagesspiegel
Background, Quantum Photonics) und Forschungseinrichtungen. (Zitierte Belege
sind im Text verlinkt.)[1][3][5][6][11][12][13][15][16][18][23][27][33][37][17][48][51]
[1] [2]
[8]
[36]
[37]
Grundlage für ein zukünftiges Quantennetz – Quantenkanäle im Flug getestet
[3] [4]
[5]
[6]
[7]
[12]
[13]
[41]
[42]
[43]
[46]
[47]
Neuigkeiten - QuNET
https://qunet-initiative.de/neuigkeiten/
[9] [10]
[11]
[14]
[15]
Quantenkommunikation: Die Zukunft der sicheren Datenübertragung - Quantum
Photonics
[16] [31]
[32]
[33]
[34]
[35]
[38]
[39]
QuNET Schlüsselexperiment 3: Quantenkanäle im Flug getestet - Fraunhofer IOF
[17] Scientists have conducted the first ever Quantum video call | World
Economic Forum
https://www.weforum.org/stories/2017/10/scientists-have-conducted-the-first-ever-quantum-video-call/
[18] [26]
[27]
[28]
[29]
[30]
Schlüsselexperiment der QuNET-Initiative: Hochsichere Quantenkommunikation im
urbanen Umfeld
[19] [20]
[21]
[22]
[23]
[24]
[25]
QuNET-Schluesselexperiment-2023 - Fraunhofer IOF
[40] QuNET
https://www.hhi.fraunhofer.de/en/departments/pn/projects/qunet-alpha.html
[44] [48]
[51]
Homepage - QuNET
https://qunet-initiative.de/en/homepage/
[45] EuroQCI: Wie sich die EU-Vision der Quantensicherheit mit dem
Fachwissen von fragmentiX deckt - fragmentiX
https://fragmentix.com/de/euroqci-eu-quantum-safe-vision-aligns/
[49] [50]
Application scenarios - QuNET
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